Die zusätzlich auf den Plan gesetzte Gemeinderatssitzung vom 14. Dezember 2010 beschäftigte sich überwiegend mit einem Thema: Abwägung der Einwendungen der Träger öffentlicher Belange und der Bürgerinnen und Bürger zum Bebauungsplan der Molkerei Scheitz.
Die Gemeindeverwaltung dürfte dabei einen neuen Rekord aufgestellt haben: 104 Seiten Verwaltungsvorlage zu Dutzenden von Einwendungen wurden nur zwei Wochen nach Ende der Einwendungsfrist zur Entscheidung vorgelegt. Entsprechend kurz war natürlich auch die Zeit für die Gemeinderäte, die Einwendungen und die Beschlussvorlagen zu prüfen. Dieses Hauruckverfahren sollte nach meiner Meinung nicht zum Standard werden. Denn bei Abwägungen sollte Gründlichkeit vor Geschwindigkeit gehen.
Bei den Einwendungen wurden – neben vielen Details der Bauleitplanung, die zu einem großen Teil technischer Natur waren – vor allem zwei Themenkomplexe immer wieder angesprochen, die von Anfang an auch meine Probleme mit der Planung waren: das Verhältnis von geplantem Hundertwasserhaus mit Turm zum Kloster Andechs und Pfarrkirche sowie die Verkehrssituation.
Zum ersten Thema gab es unter anderem ablehnende Stellungnahme der Abtei Sankt Bonifaz, des Bistums Augsburg, der Kirchenstiftung Erling, des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege, des Heimatvereins Andechs und des Kreisheimatpflegers Schober. Bei der in der Tagesordnung an erster Stelle stehenden Einwendung der Abtei Sankt Bonifaz – zu der das Kloster Andechs gehört – habe ich darauf hingewiesen, dass letztlich die Interessen des Klosters kollidieren mit den Interessen eines Industriebetriebes und der Gemeinderat eine Güterabwägung vorzunehmen hat. Letztlich muss er sich für eine der beiden Seiten entscheiden – und für mich überwiegen hier die Argumente des Klosters. Ohne größere Diskussion – es wurde lediglich darauf verwiesen, dass auch das Kloster Wirtschaftsbetrieb sei und somit die Interessen zweier Wirtschaftsbetriebe gegeneinander stünden – wurde die Einwendung gegen meine Stimme zurückgewiesen. Das sich die Mehrheiten dann bei den weiteren Einwendungen zur gleichen Sache nicht mehr groß änderten, war dann klar. Ich gebe zu, dass ich schon ziemlich irritiert bin, dass die Einwendungen von Kloster und Denkmalpflege an dieser Stelle keine größere Diskussion hervorrufen.
Das andere große Thema war die Frage der Auswirkungen auf den Verkehr in der Gemeinde. In den Vorgesprächen zum Bebauungsplan wurde – vor allem von mir – gefordert, dass die Auswirkungen des Projektes, dass ja mit dem Hundertwasserhaus ein touristischen Anziehungsziel schaffen will, geprüft werden muss, welche Auswirkungen für die angrenzende Wohnbebauung und die gemeindliche Infrastruktur (insbesondere Straßenquerungen etc.) zu erwarten sind. Diese Forderung wurde im Aufstellungsbeschluss berücksichtigt. Vorgelegt wurde dann eine Verkehrsuntersuchung von Prof. Dr. Kurzak. Da diese Untersuchung von uns als äußerst schwach und weitgehend an den Fragestellungen vorbei gehend eingeschätzt wurde, hat die SPD-Fraktion einen Fragekatalog in das Abwägungsverfahren eingebracht, in der alle Zweifel an der Untersuchung aufgeführt wurden. Zur Abwägung wurde eine erneute Stellungnahme des Prof. Kurzak vorgelegt, die nach erster Durchsicht noch viel schwächer – und zum Teil schlicht fehlerhaft – ist. Dies wurde von mir in der Sitzung deutlich zum Ausdruck gebracht. Gefordert war die Ermittlung der Auswirkungen des Bauprojekts hinsichtlich Verkehrssituation (Schutz der Nachbarn, Parksituation Kerschlacher Weg, Umgang mit Individualverkehr etc.). Vorgelegt wurde eine oberflächliche Verkehrslärmermittlung, die keinerlei Einschätzung der entstehenden Probleme zulässt. Doch auch hier schloss sich eine Mehrheit der Verwaltungsvorlage – die letztlich aus der Stellungnahme von Prof. Kurzak bestand – an. Darin enthalten sind Sätze wie: “Neuverkehr wir nur von der Schaukäserei im Verwaltungsgebäude erzeugt” – d.h. nach Kurzak wird wegen Hundertwasser kein einziger Besucher kommen. Dies muss wohl nicht näher kommentiert werden.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Bebauungsplan Molkerei Scheitz die erste Abwägungsrunde überstanden hat. Ein Billigungsbeschluss konnte aber noch nicht gefasst werden. Es geht also in die nächste Runde. Die Spannung bleibt erhalten!
Der Rest der Sitzung beschäftigte sich überwiegend mit Baurechtsfragen. Für eine schon genehmigte Energiezentrale der Molkerei musste die Planreife festgestellt werden – was einstimmig erfolgte. Außerdem gab es mehrere Anträge zur nachträglichen Genehmigung von Schwarzbauten. Keinen Erfolg hatte dabei der Bauwerber der “Almhütte” in Frieding (siehe hier). Seine Einwendungen wurden mehrheitlich zurückgewiesen. Auch dem Antrag, ein schon gebautes Gartenhaus im Außenbereich durch Bauleitplanung zu genehmigen, musste abgelehnt werden.
Von Erfolg gekrönt war lediglich ein Antrag auf nachträgliche Genehmigung eines entgegen des Bebauungsplanes errichtete Gartenzaunsockels. Zwar wurde ein Antrag auf Befreiung auf der Sitzung vor einer Woche abgelehnt, da aber jetzt ein Antrag auf Änderung des Bebauungsplans – und die Drohung mit Klage – vorgelegt wurde, fand sich eine Mehrheit für die Änderung. Man muss ja nicht alles verstehen.
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